Besonderheiten für die Ahnen- und Familienforschung
in den Altgrafschaften > Tecklenburg- Lingen
Die Entstehung, die Änderungen
und das Ende der Grafschaften lassen sich in Heimatbüchern, im Internet und in
spezieller Fachliteratur detailliert nachlesen. Überschläglich sollen hier
kurz die Zeitabläufe verdeutlicht werden, um die Besonderheiten gegenüber den
sonstigen Landesabläufen zu verstehen. Die Tecklenburger Grafenschaft entstand
ungefähr 1120. Durch Kriege versuchten die Grafen ihr Territorium zu erweitern.
Um 1400 haben sich die Nachbarn, die Fürstbischöfe aus den Fürstentümern Osnabrück
und Münster entschlossen, die relativ große Grafschaft Tecklenburg zu beseitigen.
Weil aber der Fürstbischof von Köln bei den Besitzrechten einen Anteil hatte,
ließ man die Grafschaft wesentlich verkleinert bestehen, da sie keine Gefahr mehr
darstellte, und kaum noch eine politische Rolle spielte. Die Tecklenburger Grafenfamilie
zerstritt sich später untereinander, so dass es zur Teilung kam, auch wegen der
Erbfolge der Oranier. So entstanden die Gebiete: Grafschaft Tecklenburg mit dem
Hauptsitz Tecklenburg, die Obergrafschaft Lingen mit Hauptsitz Ibbenbüren und
die Untergrafschaft Lingen mit dem Hauptsitz Lingen. Auch bezog man die umliegenden
Grafschaften mit ein. Mit Einsetzen der Religionskriege, der Reformation und des
Dreißigjährigen Krieges wurden die drei Grafschaften direkt in die Religions-Abhängigkeit
einbezogen. Die drei Grafschaften wurden calvinistisch-evangelisch, mit dem Gräflichen
Erlass, dass alle Untertanen diesen Glauben anzunehmen hatten. Aber fast 80% der
Landesbewohner waren dem kth. Glauben treu, und mussten daher eine Art Steuer
zahlen. Die Geburten, Taufen, Hochzeiten und Todesfälle mussten vom evg. Pfarrer
eingetragen bzw. vollzogen werden. Privat konnte dann die kth. Religion zum Zuge
kommen. Ein kth. Pfarrer wurde meistens in den Grafschafts-Gebieten nicht geduldet
(denunziert, verjagt, eingesperrt), daher suchte man im "Ausland" > Fürstbistum
Osnabrück oder Münster, einen Pfarrer auf. Weite Fußwege waren dabei zu bewältigen.
In den drei Grafschaften wurde das sehr unterschiedlich gehandhabt, auch mit zeitlichen
Unterschieden oder unmenschlicher Strenge, je nach Erbfolge in den Grafschaften
und Gesinnung der Vorgesetzten, hier Vögte, Rentmeister und Pfarrer: über 250
Jahre!
Daher gibt es in den Kirchenbüchern und den Mormonenabschriften
sehr oft zwei Daten zu einem Eintrag. Auch bei Kinds-Tod war es üblich, dem Nächstgeborenen
den Namen der/des Verstorbenen zu geben, so dass zwei oder drei gleiche Namen
mit verschiedenen Daten in den Kirchenbüchern auftauchen. Für Doppelanlässe musste
auch doppelt gezahlt werden!
Die vorgegebenen Vorschriften in den einzelnen
Grafschaften waren unterschiedlich, wurden auch unterschiedlich angewendet. Dem
"Ausland" gegenüber gab es sogar andere Regeln, auch der Geld- und Warenwert war
ein anderer. Fast alle Landesbewohner waren Eigenbehörige, waren Besitztum eines
Gutsherrn, eines Klosters, eines Burgherrn, der sie wie Sklaven benutzte. Für
alle täglichen Vorkommnisse wie Geburt, Heirat, Tod und Erbfall galt es eine Gebühr
zu zahlen. |